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D3 - Spektralanalyse eines Wolf-Rayet-Sterns

Bestimmen Sie Temperatur $T_*$, Radius, Leuchtkraft, Massenverlustrate, Wasserstoffhäufigkeit $X_{\mathrm{H}}$ und Endgeschwindigkeit $v_{\infty}$ des Wolf-Rayet Sterns BAT99 58 (Brey 47) in der Großen Magellanschen Wolke (LMC) durch Vergleich mit PoWR-Modellen.

Wie Sie aus dem Versuch Bestimmung der Massenverlustraten von OB-Sternen wissen, können heiße massereiche Sterne einen kräftigen Sternwind (Massenverlust) besitzen. Dies äußert sich in ihren Spektren, die im Falle der Wolf-Rayet (WR) Sterne gänzlich von Emissionslinien dominiert sind, welche im Sternwind entstehen. Diese Sterne werden als späte Entwicklungsstufen sehr massereicher O-Sterne angesehen, die sich im Übergang vom Wasserstoffbrennen zum Heliumbrennen befinden können.

Um nun stellare Parameter aus den beobachteten Spektren ableiten zu können, vergleicht man diese mit Modellspektren, auch synthetische Spektren genannt. Mit den Potsdamer Modellen für expandierende Sternatmosphären (PoWR) können die Spektren von heißen Sternen ($T_* > 10\,\mathrm{kK}$), wozu unter anderem die Wolf-Rayet Sternen (WR) zählen, analysiert werden. Nach der Dominanz des Spektrums durch Stickstoff- oder Kohlenstofflinien, unterscheidet man die WR-Sterne in WN- und WC-Sterne, wobei eine detailliertere Einteilung der WN Sterne nach dem möglichen Wasserstoffgehalt der Sternatmosphäre in late types (WNL) und early types (WNE) möglich ist. In diesen Versuch soll ein WN-Stern der Großen Magellanschen Wolke (LMC) untersucht werden.

Über die Hauptseite der Astrophysik Uni Potsdam gelangen sie zu den verfügbaren Modellgitter. Verschaffen sie sich einen Eindruck über die in die Modelle eingehenden Parameter, beispielsweise den Temperaturbereich, und erläutern sie den Parameter $R_{\mathrm{t}}$ den sogenannten transformierten Radius. Machen sie sich darüberhinaus mit dem Prinzip der liniengetriebenen Sternwinde vertraut. Kopieren sie sich anschliessend das WRplot-Skript lmcstars.plot und die zugehörige Linienidentifikationsdatei ident.dat aus dem Verzeichnis ~/scripts/d3/ auf dem Auswerterechner a12 in ihr Arbeitsverzeichnis.

Es liegen visuelle Beobachtungsdaten für den Stern vor, die auch bereits im WRplot-Skript verankert sind. Zusätzlich sollten UV-Beobachtungen eingebunden werden. UV-Spektren in sehr hoher Zahl hat der International Ultraviolet Explorer (IUE) gewonnen. Es gibt Spektren in zwei Wellenlängenbereichen (SWP: $1150-1980\,\unicode{x212B}$ und LWP oder LWR: $1850-3350\,\unicode{x212B}$). Suchen sie in der MAST-Internetdatenbank nach diesen UV-Beobachtungen des zu analysierenden Sterns (Hinweis: der Suchradius sollte auf einige wenige Bogensekunden eingeschränkt werden) und speichern sie die entsprechenden Fits-Files in ihrem Arbeitsverzeichnis. Zur einfacheren weiteren Verarbeitung mit WRplot ist es notwendig die FITS-Daten als Texttabellen (auch ASCII-Format genannt) zu speichern. Öffnen sie hierzu den fitsviewer mit

fv filename.fits

und lassen sich die Daten-Tabelle als Ganzes anzeigen (Table - All). Markieren und löschen sie unbenötigte Datensätze und exportieren sie die verbleibenden Daten als Text-File. Wählen sie dabei eventuell einen eingängigeren Namen und eine feste Spaltengröße. Sie sollten die Referenznummer der gewählten Beobachtung als Kommentarzeile in ihr Text-File schreiben (Kommentarezeilen in WRplot beginnen mit *). Alternative lassen sich die IUE-Spektren auch direkt aus der IUE-Datenbank abgreifen. Die Suche nach Archiveaufnahmen liefert eine Ergebnisseite, welche die Möglichkeit bietet die Beobachtungen auf einer Vorschauseite zu betrachten und von dort auch direkt als ASCII-Dateien herrunterzuladen.

Ermitteln sie des Weiteren über Simbad und VizieR Photometriedaten des entsprechenden Sterns. Dies umfasst sowohl u-, v- und b-Schmalbandmagnituden (Smith et al. 1968) als auch 2MASS-IR-Breitbandmagnituden (J, K und H). Notieren sie sich die Werte. Gegebenenfalls müssen sie dafür auch Literaturrecherchen betreiben.

Im Prinzip ist das WRplot-Skript direkt benuztbar. Es gilt nur noch die Variablen und Parameter anzupassen, die bisher mit einem Fragezeichen versehen sind. Wählen sie sich ein Modell und das entsprechende Gitter, tragen sie die ermittelten Photometriedaten ein und passen sie die Pfade an, die die Beobachtungsdaten betreffen. Wenn sie das Skript mit

wrpdf lmcstars.plot

ausführen erhalten sie einen sogenannten Masterplot mit dem Namen lmcstars.pdf. Dieser enthält 5 Paneele und eine Kopfzeile, die Informationen über das gewählte Modell, Temperatur, Radius, Geschwindigkeit, chemische Häufigkeiten und Modellnummer enthält. Das oberste Panel ist die Spektrale Energieverteilung (SED), die doppelt logarithmisch den absoluten Fluss über der Wellenlänge darstellt. Dabei wird die Beobachung blau und das gewählte Modell rot abgebildet. Die blauen Kästchen entsprechen den Flussmarken der Photometriewerte. Die weiteren Plots enthalten das normalisierte Linienspektrum über der Wellenlänge in Angström ($\unicode{x212B}$) in gleicher Farbcodierung.

Es gilt nun, das Modell auszuwählen, welches die bestmögliche Übereinstimmung mit dem beobachteten Linienspektrum aufweist. Dabei ist im wesentlichen darauf zu achten, dass die bezeichneten Spektrallinien in Form, Höhe und Breite wiedergegeben werden. Durch die Veränderung der Modellnummer (Variable MODEL) können sie im Gitter entsprechend höhere/tiefere Temperaturen und/oder transformierte Radien wählen. Mit einem Blick auf die Linien $\mathrm{H_{\alpha}}$, $\mathrm{H_{\beta}}$ und $\mathrm{H_{\gamma}}$ kann festgestellt werden, ob ggf. das Gitter gewechselt werden muss. Dies kann nötig sein, wenn speziell die Linien $\mathrm{H_{\alpha}}$, $\mathrm{H_{\beta}}$ und $\mathrm{H_{\gamma}}$ durch das synthetische Spektrum noch nicht gut dargestellt werden.

Für die LMC sind drei Modellgitter verfügbar, die sich in ihrem Wasserstoffgehalt (und dementsprechend auch dem Heliumgehalt) unterscheiden. Ein Wechsel des Modellgitters kann durch die Anpassung des verwendeten Pfads (Variable PATH) erreicht werden. Diese lauten jeweils:

WNs mit 40% Wasserstoff (WNL) ~/scripts/d3/models/wnl40/
WNs mit 20% Wasserstoff (WNL) ~/scripts/d3/models/wnl20/
WNs ohne Wasserstoff (WNE) ~/scripts/d3/models/wne/

Für einige Standardgittermodell sind zusätzliche Versionen mit angepassten Windendgeschwindigkeiten ($v_{\text{inf}}$) verfügbar. Hat man ein Modell gefunden, welches das normalisierte Linienspektrum gut wiedergibt, kann man nun die spektrale Energieverteilung (engl.: spectral energy distribution, kurz SED) fitten. Hierfür müssen die Parameter Rötung (Variable EBVSMITH) und Leuchtkraft (Variable shift) angepasst werden, als Startwert bieten sich folgende Werte an shift=0 und EBVSMITH=0.1. Da die Linienstärke des normalisierte Emissionsspektrum bei gleicher Oberflächentemperatur und gleichem transformierten Radius unabhängig von den einzelnen in $R_t$ eingehenden Parametern erhalten bleibt, kann die Leuchtkraft über die shift-Variable in einem gewissen Rahmen skaliert werden ohne das Emissionslinienspektrum abzuändern. Die Modell-SED sollte sowohl den allgemeinen Verlauf der Beobachtungsdaten reproduzieren, als auch etwa die Mitte der jeweiligen Photometriekästchen durchlaufen. Damit kann ein akkurater Flussverlauf für das Modell gewährleistet werden.

Die Bestimmung der stellaren Parameter erfolgt aus den Informationen des gewählten Modells, dessen Parameter auf der Webseite vorgestellt und erläutert werden. Nach dem Stefan-Boltzmann Gesetz gilt

$L \propto R_{*}^2$ bzw. $L \propto T^4$,

zusammenfassend also:

$L \propto R_{*}^2 \cdot T^4$.

Der Sternradius ist bei konstanter Leuchtkraft also proportional zu $T^{−2}$. Durch Addition des shift-Parameters zur Leuchtkraft des Modells kann diese an die wahre Leuchtkraft des Stern angepasst werden.

Über den transformierten Radius ist die Massenverlustrate mit der Leuchtkraft verbunden und es gilt

$R_t \propto \dot{M}^{−\frac{2}{3}}$ sowie $R_t \propto R_{*}$

$\Rightarrow \dot{M} \propto L^{−\frac{3}{4}}$.

Mit den vorhergehenden Beziehungen ergibt sich somit der Zusammenhang $\dot{M}^{\frac{2}{3}} \propto T^{−2} \cdot R_t$.

Es ist ein praktikumsübliches Protokoll anzufertigen.

Übersicht: Praktikum

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  • Zuletzt geändert: 2016/10/09 16:32
  • von rhainich