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D2 - Bestimmung der Massenverlustrate von OB-Sternen

Massereiche heiße Sterne (Spektraltypen O und B) emittieren Strahlung im Radio-Bereich. Wright & Barlow (1975) haben ein einfaches Modell entwickelt, die Frei-frei-Emission eines Sternwindes zu berechnen (siehe auch Skript zur Sternatmosphären-Vorlesung!). Von mindestens drei OB-Sternen (z.B. HD66811 ($\zeta$ Puppis), HD152408, HD169454) liegen Radio-Messungen bei mehreren Frequenzen vor, die den vorhergesagten Frequenzgang aufweisen. Auch ergaben mehrfache Messungen ähnliche Messwerte (d. h. keine zeitliche Variation). Beides zusammen legt nahe, dass das Modell von Wright & Barlow in diesen Fällen anwendbar ist. Eine Reihe entsprechender Messungen wurde mit dem leistungsfähigsten Radioteleskop der Welt, dem VLA (Very Large Array), durchgeführt. (Daten beispielsweise aus dem Wendker 1995 Katalog.)

Bestimmen sie die Massenverlustrate $\dot{M}$ der drei genannten Sterne aus der Frei-frei Radioemission nach der Formel von Wright & Barlow. In die Formel gehen drei Messgrößen ein: Der Radiofluss bei einer gegebenen Frequenz, die Entfernung, und die „Endgeschwindigkeit“ des Sternwindes. Ermitteln sie dazu die benötigten Messwerte aus bekannten Datenbanken im Internet (Simbad, VizieR).

Zunächst ist es erforderlich, Radiodaten für die gegebenen Sterne heraus zu finden. Die Datenbank ViZieR der Universität Straßburg bietet die Möglichkeit dazu. Man kann sich von einem Objekt Daten in verschiedenen Wellenlängen ausgeben lassen. Dazu trägt man den Namen oder die Nummer des gesuchten Sterns in das Feld Target Name ein und beschränkt den Suchradius auf einen sinnvollen Wert. Für die bessere Übersichtlichkeit sollte man in dem Menü darüber unbedingt den gewünschten Wellenlängenbereich (Radio) auswählen. Wird darauf verzichtet, so erhält man Daten des Objektes in allen Wellenlängen. Mission und Keyword müssen nicht unbedingt angegeben werden. Anschließend kann mit dem Button Go! eine Übersichtstabelle mit den Messdaten für den Stern erzeugt werden.

Für die Entfernung befrage man die Datenbank SIMBAD, ebenfalls eingerichtet von der Uni Straßburg. Auf welcher Methode beruhen die in der Literatur angegebenen Entfernungen? Man diskutiere die Zuverlässigkeit der Werte.

Zum Errechnen der Massenverlustrate benötigt man obendrein auch die Geschwindigkeit, mit der der Sternwind radial expandiert. Man kann annehmen, dass der Sternwind seine „Endgeschwindigkeit“ $v_{\infty}$ bereits in den Schichten erreicht, in denen die gesättigten UV-Resonanzlinien entstehen, und dass diese Geschwindigkeit dann bis in große Entfernungen vom Stern (Entstehung der Frei-Frei-Radioemission) konstant bleibt. Deshalb kann man den benötigten Wert für $v_{\infty}$ aus dem UV-Spektrum ablesen.

UV-Spektren in sehr hoher Zahl hat der International Ultraviolet Explorer (IUE) gewonnen. Man kann die IUE-Datenbank über VisieR erreichen oder die Daten direkt abgreifen. Es gibt Spektren in zwei Wellenlängenbereichen (SWP: $1150-1980\,\unicode{x212B}$ und LWP oder LWR: $1850-3350\,\unicode{x212B}$). Ferner gibt es Spektren in hoher und niedriger Auflösung, wobei erstere in der Datenbank auf niedrige Auflösung degradiert (engl.: rebinned) wurden. Die gesättigte Resonanzlinie, die sich für unsere Zwecke eignet, ist das C-IV-Resonanz-Dublett im SWP-Bereich. Die Laborwellenlängen sind $1548.188\,\unicode{x212B}$ und $1550.762\,\unicode{x212B}$. Die Mitte der steilen blauen Flanke der P-Cygni-Absorption zeigt die maximal auftretende Blauverschiebung der blauen Komponente, woraus sich per Doppler-Formel $v_{\infty}$ berechnen lässt.

Für diesen Zweck bietet sich an das IUE-Spektrum mit einem geeigneten Programm zu plotten. Auf der Website der IUE-Datenbank (IUE Search Results) erzielt man dies, indem bei einem entsprechenden Spektrum das Häckchen gesetzt und dann oben auf Plot marked spectra geklickt wird. Das erscheinende Spektrum kann dann noch einmal vergrößert werden, sodass die Lage der blauen Flanke gut ausmessen werden kann. Mittels des Buttons Create PNG kann man den entstandenen Plot auch abspeichern.

Interessant ist, dass OB-Sterne auch Röntgenstrahlen emittieren. Röntgenzählraten findet man ebenfalls über Simbad. Man prüfe, ob (bei Annahme derselben Entfernung wie für die obige $\dot{M}$-Bestimmung) die Röntgenhelligkeit mit der Massenverlustrate korreliert.

Es ist ein praktikumsübliches Protokoll anzufertigen (Berechnung der Massenverlustrate & Herleitung der nötigen Formeln, Plotten des P-Cygni-Profils).

Übersicht: Praktikum

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  • Zuletzt geändert: 2016/10/09 16:32
  • von rhainich